«Ärgere dich nicht, dass die Rosen Dornen haben, sondern freu' dich, dass die Dornen Rosen haben.»

Homosexualität in der Bibel

Im Vergleich zu anderen Themen, wie z.B. soziale Gerechtigkeit, sagt die Bibel wenig über Homosexualität. In den Evangelien wird Homosexualität gar nicht erwähnt. Alle Stellen im Alten Testament und in den Paulusbriefen bewerten homosexuelle Handlungen jedoch negativ. Der Begriff „Homosexualität“, wie wir ihn heute verwenden, kennt die Bibel nicht. Die Begriffe Homo- und Heterosexualität wurden erst 1868 geschaffen. Auch sind der Bibel gleichgeschlechtliche Partnerschaften, wie wir sie heute kennen, unbekannt.

In der Bibel werden vor allem promiskuitive homosexuelle Praktiken beschrieben, wie sie in den heidnischen Kulturen der kanaanitischen Völker, oder zur Zeit des Neuen Testamentes in der griechisch-römischen Kultur weitverbreitet waren. In aller Regel wurden diese von ansonsten heterosexuell veranlagten Menschen ausgeübt. Eine in beidseitiger Liebe gelebte Partnerschaft homosexuell veranlagter Menschen ist der Bibel fremd. Dies gilt es bei der Betrachtung folgender Bibeltexte über Homosexualität zu beachten. Wie in anderen Fragen auch, müssen die Aussagen der Bibel über Homosexualität in ihrem geschichtlichen und kulturellen Kontext gelesen und verstanden werden. 

Homosexualität in der Geschichte von Sodom und Gomorra
(1. Mose 19)

 „Die Leute von Sodom aber waren sehr böse und sündig vor dem HERRN.“ (vgl. 1Mo 18,20) 1. Mose 13,13

„… da umstellten die Einwohner der Stadt das Haus, die Männer von Sodom, Jung und Alt, alles Volk von weit und breit. Sie riefen nach Lot und fragten ihn: Wo sind die Männer, die heute Abend zu dir gekommen sind? Heraus mit ihnen, wir wollen mit ihnen verkehren.“ 1. Mose 19,4-5

Die Geschichte von Sodom und Gomorra wird häufig zitiert, um die Verwerflichkeit homosexueller Praktiken zu unterstreichen. Wenn Gott die beiden Städte wegen ihrer Homosexualität zerstört, muss es eine besonders schwere Sünde sein. Doch geht es wirklich um Homosexualität? In der Geschichte wird beschrieben, dass alle Männer Sodoms, Jung und Alt, Geschlechtsverkehr mit den männlichen Gästen Lots forderten. Mit anderen Worten, sie planten eine Massenvergewaltigung. Doch waren sie deshalb homosexuell? Eher nicht, da Lot ihnen Anstelle der Gäste seine Töchter anbietet. Es handelt sich hier eher um eine massive Verletzung des Gastrechtes, ein Akt der Bosheit, der Unterwerfung und der Gewalt, als um sexuelle Befriedigung. Ähnliche Begebenheiten, Vergewaltigungen von Männern durch Männer,  kommen regelmässig in Kriegsgebieten oder Gefängnissen vor. Es ist wohl auch kaum anzunehmen, dass alle Männer Sodoms, Jung und Alt, homosexuell veranlagt waren. Diese Begebenheit war auch nicht die Ursache der Zerstörung von Sodom und Gomorra, sondern war Ausdruck einer langen Vorgeschichte. Die Bibel macht viele, oft allerdings indirekte oder vergleichende Aussagen über die Sünden Sodoms und Gomorras: Abwendung von Gott; Abgötterei; Bosheit; Ungerechtigkeit; Brüstung, Böses zu tun; Unterstützung von Übeltätern; Hochmut; Widerspenstigkeit; Ansehen der Person; Gewalttat; Grausamkeit; Ehebruch; Lüge; Irreführung; Nicht- Kümmern um die Armen und Elenden; Ungastlichkeit; Schmähung Israels; Unbußfertigkeit; Gesetzlosigkeit; Sorglosigkeit; Unzucht; die Verschmähung der Zeugen Gottes.

Homosexualität im Gesetz Mose (3. Mose 18,22 und 3. Mose 20,13)

„Und bei einem Mann sollst du nicht liegen, wie man bei einer Frau liegt: ein Gräuel ist es.“ 3. Mose 18,22

„Und wenn ein Mann bei einem Mann liegt, wie man bei einer Frau liegt, dann haben beide eine Gräuel verübt. Sie müssen getötet werden, ihr Blut ist auf ihnen.“ 3. Mose 20,13

Auf den ersten Blick klingt diese Aussage unmissverständlich. Homosexualität ist Gott ein „Gräuel“. Doch dieses Gebot steht in einer Liste von Dingen, die Gott ein Gräuel sind, wie z.B. das Essen von Schweinefleisch, das Tragen von Männerkleidern durch Frauen, oder das Tragen von Mischgeweben. Wenige Verse im Anschluss an das Verbot von homosexuellen Praktiken, wird der Geschlechtsverkehr mit einer menstruierenden Frau unter Androhung der Todesstrafe untersagt. Es stellt sich die Frage: Galten diese „Heiligkeitsgesetze“ nur den Israeliten, um sich von den heidnischen Bräuchen der kanaanitischen Völker, wie z.B. Fruchtbarkeitskult und Tempelprostitution, fernzuhalten? Haben sie für uns heute keine Gültigkeit mehr? Die meisten dieser Gebote werden von der Mehrheit der Christen ganz selbstverständlich nicht mehr eingehalten. Sie werden als kulturgebunden und für uns nicht mehr gültig angesehen. Von daher ist die Annahme gerechtfertigt, dass das mosaische Gesetz Homosexualität nur als ein kulturell-kultisches Phänomen kennt, eine homosexuelle Neigung oder Liebesbeziehung aber gar nicht vorsieht. 

Homosexualität im Römerbrief (Römer 1,26-28)

Im Römerbrief äussert sich Paulus am deutlichsten über Homosexualität. Als einzige Stelle in der Bibel wird dort auch weibliche Homosexualität erwähnt. Paulus beschreibt dort Menschen, die sich willentlich von Gott abgewendet haben, in Selbstsucht und Götzendienst verfallen sind. Die Folge davon wird Römer 1,26-28 beschrieben:

„Deswegen hat Gott sie dahin gegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt, und ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen, sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande trieben, und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst.“ 

Der Text darf nicht als Lehrtext zur Homosexualität verstanden werden, sondern Homosexualität dient hier lediglich als Beispiel in einem übergeordneten Zusammenhang, der sich auf die Verlorenheit aller Menschen bezieht. Dem Text zufolge sind homosexuelle Praktiken die Folge eines von Gott abgefallenen Lebens. Doch stellt sich hier die Frage, welche Erscheinungsform von Homosexualität Paulus vor Augen haben musste, als er diese Zeilen schrieb. Vermutlich waren es die homosexuellen Praktiken von verheirateten, an sich heterosexuell veranlagten Menschen, die auf  promiskuitive Art und Weise ihre eheliche Gemeinschaft eintauschten gegen eine selbst gewählte Alternative. Ein solches Verhalten war in der griechisch-römischen Kultur weit verbreitet.

Es ist problematisch, diese Verse auf homosexuell veranlagte Menschen anzuwenden, denen es gar nicht gegeben ist, anders zu empfinden. Es kann zu Recht behauptet werden, dass ein homosexuell veranlagter Mensch keinen für ihn natürlichen Verkehr verlässt, sondern das beibehält, was seinem Empfinden entspricht, ja was für ihn sogar das „Natürlichere“ ist. Ein homosexuell empfindender Mensch hat sich seine Veranlagung in der Regel nicht ausgesucht. Er kann sich nur zwischen einem zölibatären Lebensstil, einer monogamen Beziehung oder für die Promiskuität entscheiden, eine Wahl, vor der jeder Heterosexuelle auch steht.

Homosexualität im 1. Korinther- und 1. Timotheusbrief
(1. Korinther 6,9+10 und 1. Timotheus 1,9+10)

"... Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder,….. werden das Reich Gottes ererben." 1. Korinther 6,9+10

"... dass für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist, sondern für Gesetzlose und Widerspenstige, für Gottlose und Sünder, ...., Unzüchtige, Knabenschänder, ...., und wenn etwas anderes der gesunden Lehre entgegensteht." 1. Timotheus 1,9+10

Die beiden anstößigen Worte sind "Lustknaben" und "Knabenschänder" (moderne Übersetzungen wie z.B. die "Hoffnung für alle" fassen die beiden Worte im Begriff "Homosexuelle" zusammen, was unter Theologen höchst umstritten ist). In der griechischen Kultur war „Päderastie“ weitverbreitet, d.h. verheiratete Männer pflegten sexuelle Beziehungen zu minderjährigen Knaben im Teenageralter. Sobald sie erwachsen wurden, war die Beziehung vorbei. Diese Lustknaben spielten dabei die passive Rolle. In diesen Beziehungen gab es keine Gleichheit. Der ältere Partner bestimmte das Geschehen. Es ist deshalb naheliegend, dass Paulus mit seinen Aussagen diese „Päderastie“ vor Augen hat und nicht eine homosexuelle Beziehung, welche in gegenseitiger Liebe und Verantwortung geführt wird. 

 

Geschrieben von Eric, 2014




Für diesen Artikel wurden folgende Quellen benutzt:

„Streitfall Liebe“ von Valeria Hinck, Claudius Verlag

Was sagt die Bibel zur Homosexualität? – Auseinandersetzung mit den „Hammerversen“ von Anette, zwischenraum.net

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